KPI getriebene Geschäftssteuerung mit Data Analytics im E-Commerce
Der E-Commerce hat hohe Anforderungen an Daten, Controlling und Marketing. Besonders Daten-Anforderungen sind durch unterschiedliche Treiber und Hebel, intern und extern, geprägt. Um im agilen und schnelllebigen E-Commerce erfolgreich zu sein, müssen die richtigen KPIs dieser Treiber stakeholdergerecht zur richtigen Zeit im richtigen Format bereitstehen. Das Ziel: Hidden Insights erkennen und so Wettbewerbsvorteile generieren und kanalbezogene Kosten-Umsatz-Relationen optimieren. Doch der Weg zu einer vollumfänglichen Geschäftssteuerung ist mitunter steinig.
Henne oder Ei?
Den richtigen Anfang zu finden ist oft schwer. Besonders beim Aufbau der KPI-getriebenen Geschäftssteuerung im E-Commerce gibt es unterschiedliche Hürden, die ein Unternehmen zu bewältigen hat. Die Organisation muss befähigt und das Mindset vorhanden sein. Die Schar an KPIs im E-Commerce müssen bedarfs- und stakeholder-gerecht auf ein überschaubares Maß an aussagekräftigen Zahlen zusammengefasst werden. Hierbei kann eine Betrachtung von internen und externen Treibern und Hebeln helfen, die relevanten KPIs zu finden. Bezüglich der KPIs muss das Unternehmen sicherstellen, dass alle beteiligten Unternehmensbereiche an einem Strang ziehen und auf einer einheitlichen Datenbasis aufsetzen. Hier kommt das Thema Single-Source-of-Truth ins Spiel, was mit einer durchdachten IT- und Datenarchitektur einhergeht. Erst wenn diese Vorbedingungen erfüllt sind, beginnt die Steuerung mit Data Analytics und Data Science.
Oftmals sind sie jedoch nicht erfüllt, was im operativen Betrieb zu einem hohen Analyseaufwand und unscharfen Datenlagen führt. Das Resultat kann verheerend sein, wenn beispielsweise mittels Hochrechnungen mit falschen Daten, Entscheidungen für den Einkauf getroffen werden. Dies kann dazu führen, dass in der Saison-Hochphase eine nicht ausreichende Lieferfähigkeit gegeben ist. Dies ist besonders im E-Commerce fatal.
Organisation und (Plan-Do-Check-Act) Mindset
Was viele Unternehmen unterschätzen, ist der Kompetenz-Anspruch, um operativ E-Commerce machen zu können. In keinem anderen Geschäftsbereich können Budgets so schnell regelrecht verbrannt werden. Hierbei spielt zum einen die hohe Technologie-Komplexität im Digital-Marketing eine Rolle und zum anderen die extreme Wettbewerbssituation. Konkret bedeutet dies: Ohne interne und/oder externe E-Commerce Experten lässt sich ein effektives und kontinuierliches Wachstum nicht sicherstellen. Dabei sollte nicht nur externes Wissen vorhanden sein, Kernrollen sollten in jedem Fall sukzessive auch intern aufgebaut werden. Dezidierte Expertenrollen können dabei auch langfristig extern abgebildet werden. E-Commerce Rollen sollten über alle relevanten Bereiche, vom Marketing über die Entwicklung bis hin zum Data Analysten, besetzt sein.
Wenn die Organisation bereit ist, ist ein einheitliches Mindset von Nöten. Ohne ein agiles Mindset und iteratives Vorgehen kann ein Unternehmen im schnelllebigen E-Commerce nicht langfristig erfolgreich sein. Hierbei ist ein Plan-Do-Check-Act Vorgehen und das dazugehörige Mindset ein Erfolgsfaktor. "Plan" und "Do", also das Planen und Umsetzen, werden von vielen Unternehmen bereits stringent verfolgt. Dabei wird das Planen durch das Management mittels Strategie und Zielen vorgegeben und in der Regel durch das Marketing in Form von Kampagnen durchgeführt. Ein dezidierter "Check" muss folgen, indem Kampagnen und Maßnahmen in Form von KPIs gemessen und mit den Zielen verglichen werden. Den letzten und wichtigsten Schritt bildet dabei das "Act". Hierbei muss das Unternehmen, basierend auf den gesetzten Ziel-KPIs, die Strategie und Ziele hinterfragen und anpassen. Duch die Digitalplattform sollte basierend auf den erfassten Ergebnissen kontinuierlich weiterentwickelt werden (Continuous Integration Continuous Development Ansatz). Die Technologie spielt bei der Plan-Do-Check-Act Philosophie eine zentrale Rolle. E-Commerce Unternehmen, die sich neuen Erkenntnissen und Ergebnissen anpassen und sich stetig neu erfinden, sind erfolgreicher. Positive Beispiele sind hier Big Player wie Amazon, Zalando oder AboutYou.
Treiber und Hebel für die Geschäftssteuerung
Wie kann die Geschäftssteuerung gestaltet werden? Hier gibt es verschiedene Ansätze.
Vom Detail zum Groben oder umgekehrt. In unserem Vorgehen ist die Reihenfolge: Treiber - Hebel - dezidierte KPIs. Dieses Vorgehen erlaubt es, Geschäftseinflüsse auf einer abstrakten Ebene zu tracken und Abweichungen zu identifizieren. Bei Abweichungen, z. B. im Bereich „Retouren“, kann man mittels Drill-Down (tiefergehender Detailgrad) auf mögliche Treiber, z. B. im Sortiment-, Marketing- oder Markt-Umfeld, bis hin zu dezidierten KPIs eingehen. Klare Eigenschaften der Treiber: direkter Einfluss auf den Deckungsbeitrag und damit auf den wirtschaftlichen Erfolg. Treiber, interne als auch externe, können wie folgt zusammengefasst werden:
In Verbindung mit einer Deckungsbeitragstreppe (Controlling Vorgehen, um fixe und variable Kosten zu visualisieren), z. B. nach dem Commerce Reporting Standard Modell, können Einflüsse von Treibern automatisiert sichtbar gemacht werden. Dabei betrachtet die Deckungsbeitragstreppe alle Einflüsse auf den Umsatz. Basis der Betrachtung ist der „Brutto-Umsatz“. Hiervon werden sukzessive Kosten und/oder buchungsrelevante Positionen abgezogen. So reduzieren einzelne Vorgänge wie Stornos, Retouren, Preisreduktionen oder die Marketingkosten sukzessive den Umsatz bis hin zu unternehmensrelevanten Deckungsbeiträgen bzw. Margen. Das Kernziel kann so im Blick gehalten werden: der wirtschaftliche Erfolg des Unternehmens.
Basierend auf den Abweichungen der Deckungsbeitragstreppe können relevante Hebel im Detail analysiert werden. Jeder Treiber besitzt dabei eine Vielzahl von Hebeln. Und diese haben wiederum unternehmensspezifische KPIs, die bereichsorientierte Ziele oder Planzahlen abbilden und messen.
Ziel ist es, die unternehmensrelevanten Treiber, Hebel und entsprechende KPIs zu definieren und idealerweise automatisiert zu überwachen.
Beispielhafte Treiber:
Single-Source-of-Truth Datenstrategie und Tooling
Wenn die Organisation befähigt ist und Treiber, Hebel und KPIs definiert sind, kommt die korrekte Daten- und Technologiebasis ins Spiel. Häufiges Problem in Unternehmen: Es bestehen systembedingt Daten-Silos. Diese Silos führen zu einer uneinheitlichen Daten- und Analysebasis. Häufig anzutreffendes Beispiel: Daten und Analysen aus den Fachbereichen (und damit Silos) Einkauf und Marketing. Nicht selten sind die Datenquellen ERP (Datenfokus Einkauf) und Digitalmarketing (Datenfokus Online Marketing Tools) nicht miteinander verknüpft. Eine Deckungsbeitragsanalyse auf Marketingkanalebene bis zum Deckungsbeitrag ist oftmals nicht oder nur mit erheblichem Aufwand möglich. Doch besonders hier liegen viele Potentiale, die einen direkten Einfluss auf die Erhöhung des Deckungsbeitrages haben können.
Damit eine einheitliche Datenquelle als Ausgangspunkt für Data Analytics genutzt werden kann, muss eine Single-Source-of-Truth Datenstrategie umgesetzt werden. Ziel einer solchen Strategie ist es, einen dezidierten Datentopf zu etablieren, den alle Unternehmensbereiche für Analysen nutzen. Die Umsetzung einer solchen Strategie ist in der Regel eng mit der Architektur der gesamten Commerce Plattform verbunden. Dies macht ein IT-Architektur-Review sowie ein zentrales Data-Warehouse-Tool notwendig. Auch hier gibt es unterschiedlich Ansätze. Von komplexen Data-Warehouse-Lösungen über Tools wie PowerBI, Tableau, IBM Watson oder minubo gibt es unzählige Möglichkeiten eine Single-Source-of-Truth Datenstrategie zu realisieren. Die Umsetzungsstrategie ist dabei stark von den Unternehmensressourcen (Anzahl) und dem Kompetenzlevel (Know-how) abhängig. Besonders der Aufbau einer hochkompetenten BI-Abteilung ist nicht immer das Kernziel. SaaS Tools bieten sehr ausgereifte Lösungen, die nicht zwingend den Aufbau einer internen BI-Abteilung bedingen.
Mit Hilfe der Tools kann eine Geschäftssteuerung realisiert, eine Deckungsbeitragstreppe automatisiert abgebildet und relevante Analysen und Reportings erzeugt werden.
Data Analytics
Als „Königsdisziplin“ können nun auf Basis einer Single-Source-of-Truth Datenquelle durch ein Advanced-Analytics-Vorgehen tiefgehende Analysen durchgeführt werden. Hier geht es vor allem darum, Diagnostic- und Predictive-Datenanalysen zu erhalten. Das Ziel: Hidden Insights erkennen und damit Wettbewerbsvorteile nutzen. Die wahren Potentiale schlummern oft dort, wo man sie nicht vermutet.
Mit Hilfe der Advanced Analytics können zudem automatisierte komplexe E-Commerce Auswertungen umgesetzt werden. Beispielsweise eine umfangreiche Kampagnenauswertung auf Gutscheinbasis, eine Offline Katalog-Performance-Auswertung oder geodatenbasierte Markteinflüsse auf das Kaufverhalten von Kunden.
Die Königsklasse der Advanced Analytics ist es, zu einem Diagnostic- und Predictive-Reifegrad der Data Analytics zu gelangen. Diese Reifegrade helfen Unternehmen, Entscheidungen und Ziele zu erkennen und zu definieren, bevor der Wettbewerb diesen Schritt erkennt. Hierbei unterscheiden wir vier Reifegrade der Data Analytics: